Früher oder später betrifft es jeden Elternteil: Das unvermeidliche Gespräch mit Ihrem Kind nach Übergabe seiner Schulnoten bzw. Zeugnis. Dabei ist es egal, ob die Noten gut oder weniger gut sind: Eure Reaktion, die Wörter, die Ihr dabei verwendet, sind entscheidend für die Motivation – oder eben Demotivation Ihres Schulkindes bei der nächsten Lernphase! Wenn Sie sich an folgenden 6 wirksamen Tipps halten, kann in der Beziehung zu Ihrem Kind nichts schief gehen. Zusammengefasst: Ihr Kind ist mehr als seine Noten!
1. Nehmen Sie sich am Zeugnis-Tag Zeit
Ein Schulzeugnis-Gespräch sollte keine Hauruck-Aktion sein. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um alle Aspekte zu besprechen. Ein kurzes „Es schaut nicht gut aus“ oder „Alles super“ reicht nicht aus. Denn es geht bei einer Benotung um mehr als nur eine kognitive Ziffer. Oft sind Emotionen, Angst und vielleicht Scham dahinten verborgen – und diese werden definitiv nicht zwischen Tür und Angel verschwinden! Nehmen Sie sich also die Zeit und wählen Sie einen ruhigen Ort. Sorgen Sie für eine geborgene Atmosphäre – ohne lauschende Geschwisterkinder. Diese Zeit ist gut investiert: Denn je mehr Sie Ihr Kind verstehen, desto besser können Sie es unterstützen.
Führen Sie das Gespräch erst, wenn Ihr Kind auch bereit ist, darüber zu reden. Wie erwähnt können Emotionen stark sein Verhalten beeinflussen. Lassen Sie Ihr Kind ankommen, mit seinen Gefühlen klarer werden. Vereinbaren Sie eine spätere Zeit für das Gespräch und halten Sie sich daran.
2. Fragen Sie als allererstes Ihr Kind, wie es sich fühlt
Dieser Moment wird genauso von vielen Schülern gefürchtet: Sie können Angst haben, ihren Eltern schlechte Schulnoten zu präsentieren. Ersparen Sie Ihrem Kind diese Sorgen, indem Sie ihm schon am Vortrag zu diesem gemütlichen Gespräch einladen.
Machen Sie ihm klar, dass Sie vor allem über sein Empfinden und seine Gefühle zu sprechen mögen. Indem Sie seine Gefühlwelt in dem Vordergrund stellen, wird er sich angenommen fühlen – der beste Türöffner bei Kindern und Jugendliche.
Eisbrecher-Fragen können sein:
- Ich habe dich lieb – egal, was im Zeugnis steht. Wollen wir es uns gemeinsam ansehen?
- Ich sehe, dass es dir unangenehm ist, über deine Noten zu sprechen.
- Ich sehe, dass deine Note dich traurig/wütend/… macht.
- Wie geht es dir mit dieser Note? Wie fühlst du dich bei diesem Zeugnis?
Spenden Sie beim Gespräch Trost.
Ist Ihr Kind frustriert, traurig, wütend, enttäuscht, nehmen Sie es in den Arm – eine Empfehlung nicht nur meinerseits als Familiencoach und Entwicklungsbegleiterin, sondern auch von Schulpsychologen. So spüren Sie den sicheren Hafen, die Geborgenheit. Sie spüren, dass sie sich mit Sorgen und Nöten jederzeit an Sie wenden können.
Bauen Sie auch Positives im Gespräch ein
Fragen Sie auch nach den positiven Eindrücken nach!
- Welches Fach hat dir am meisten Spaß gemacht?
- Was ist das Coolste, was du gelernt hast?
- Welche Lehrkraft findest du besonders nett?
- Worauf bist du besonders stolz?
- Hast du Vorschläge, wie der Unterricht für dich interessanter gestaltet werden könnte?
- Magst du mit deiner Lehrkraft über diese Vorschläge sprechen?
3. Ihr Kind ist nicht seine Schul-Noten
Ganz wichtig bei der Gesprächsführung: Machen Sie sich ganz bewusst, dass Ihr Kind nicht seine Note ist! Noten sind nur eine punktuelle Leistungsbewertung einer Lehrkraft an einem bestimmten Tag zu einem bestimmten Thema. Es zeigt lediglich auf, wie gut es an diesem Tag mit dem Lernumfeld ausgekommen ist.
Es bedeutet nicht, dass Ihr Kind schlecht, dumm, unbegabt, lausig wie ein Esel, faul oder unfähig zu lernen sei! [Glauben Sie mir: Ich höre in meiner Praxis als Lerncoach so einiges!] Lassen Sie ab heute solche Bezeichnungen sein – in Sprache und Gedanken! Bitte sagen Sie sich stattdessen mehrfach mit lauter Stimme, bevor Sie in das Gespräch gehen: „Mein Kind ist wertvoll und würdig – egal welche Note er mitnimmt“.
Ja: Noten sind unabdingbar – so ist unser Schulsystem. Und ja: Noten werden viel zu früh in der Schullaufbahn verteilt – so ist unser Schulsystem. Wir Eltern wiederum sollten uns in solchen (angespannten) Situationen klar machen, dass auch Schüler*innen mit schlechten Noten später ihren Weg gehen. Und beruflich sehr erfolgreich sein können.
4. Keine Vergleiche bitte
„Warum kannst du nicht so sein wie Max? Er hat immer Top-Noten!“ Stop! Jedes Kind ist ein Individuum und hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Der Vergleich mit anderen – auch mit dem eigenen Geschwisterkinder – kann zu einem ernsthaften Selbstwertgefühlproblem führen!
Glauben Sie mir: Kein Kind schreibt gerne und von sich aus schlechte Noten. Schon im Klassenzimmer während der Zeugnisverteilung wurde es Ihrem Kind bestimmt lau im Magenbereich. Erinnern Sie sich an Ihre Schulzeit: Wie ging es Ihnen in der Klassengemeinschaft? Nützen Sie Ihre Erfahrung und schützen Ihr Kind davor!
5. Konstruktive Kritik statt Vorwürfe – und zwar gemeinsam
Bitte kein “Ich-habe-es-doch-gesagt”-Tadel. Wenn die Noten nicht so sind, wie Sie es sich gewünscht haben, ist es verständlich, dass Sie enttäuscht sind. Aber bitte vermeide solche Aussagen. Ihr Kind braucht jetzt dringend Ihre Unterstützung und keine Vorwürfe. Es ist für Ihr Kind großartig, wenn Sie sich für die Schule und sein Lernen interessieren. Aber die “Ich-weiß-es-besser”-Einstellung kann kontraproduktiv sein. Anstatt alles besser zu wissen, hören Sie Ihrem Kind zu: Fragen nach seinen Perspektiven und Ideen.
Stellen Sie ihm konkrete Fragen. Kinder wissen es intuitiv – nur keiner fragt danach! Denn Schüler werden sehr rasch – schon in der ersten Klasse – so konditioniert auf das Funktionieren, auf das im Lehrplantempo bleiben. Es wird nicht mehr nach dem „Wie lernst du am besten gefragt“ – Hauptsache Lernplan und Leistung!
Was würden Sie sagen, wenn morgen Ihr Chef z.B. Ihren Schreibtisch, Ihre Arbeitszeiten oder Ihre Arbeitsutensilien so umstellt, dass es für ihn passt – aber Ihre Produktivität leiden lässt? Ich sehe Sie schon den Kopf schütteln – genauso geht es Schülern innerlich!
Ermutigen Sie Ihr Kind, mit Ihnen nach Verbesserungsvorschlägen zu suchen. Es liegt nicht immer an dem Lernstoff selbst, sondern sehr oft an den Lernumständen. Hinterfragen Sie also konkret seine Lernumgebung. Hier eine Liste von Punkten, die Sie ansprechen können:
- Wie gut schläfst du in der Schulzeit?
Wie wohl fühlst du dich in der Klasse / mit dem Lehrer? - Kannst du in der Schule die Tafel gut sehen / dem Lehrer gut hören?
- Willst du lieber zuerst entspannen/spielen/raus gehen/reden, bevor du mit dem Hausübungen/Lernen beginnst?
- Willst du deine Hausübungen woanders erledigen?
Brauchst du meine Anwesenheit bei deinen Hausübungen? - Willst du selbst entscheiden, was du zuerst erledigst?
Willst du lieber mehrere kleineren Lernphasen einplanen? - Willst du lustige Lerntechniken lernen (Mindmap, Loci, ABC usw.)
- Brauchst du Unterstützung z.B. durch deine Tante, Nachbarin oder vielleicht Lerncoaching?
6. Ihr Kind – Sein Leben und seine Entwicklung
„Mit diesen schlechten Noten wird nie was aus dir werden, Kind!“ Das hat ein berühmter Physiker und bahnbrechender Wissenschaftler von seinen damaligen Lehrern gehört – es kam sogar zum Schulabbruch. Wissen Sie, um wen es sich dabei handelt? Um keiner weniger als Albert Einstein! Die Bespiele sind zahlreich.
Ja, wir alle wollen, dass unsere Kinder ihr Bestes geben. Aber es ist wichtig, realistische Erwartungen zu haben. Setzen Sie Ihr Kind nicht unter Druck, unrealistische Ziele zu erreichen. Gemeinsam können Sie realistische Ziele setzen, die sowohl herausfordernd als auch erreichbar sind. Das schafft ein gesundes Umfeld für Wachstum und Entwicklung.
Ihr Kind ist in Ordnung. Immer und bei jeder schulischen Beurteilung! Noten sind nur ein Teil des Werdegangs Ihres Kindes. Das Zeugnis zeigt bestimmt auch, dass Ihr Kind in anderen Bereichen wie sozialen Kompetenzen oder fachübergreifenden Fertigkeiten glänzt. Solche verborgenen Talente zählen in der Schulnote leider nicht mit – dafür sind sie im späteren Berufsleben wohl entscheidend!
Fördern Sie Ihr Kind in diesen Bereichen. Denn viel zu oft zwingen wir die Kinder in ihren schwächeren Fächern mehr zu üben. Das führt zu Lernfrust und allgemeine Demotivation. Lassen Sie Ihr Kind in seinen Interessen aufblühen und sie werden rasch staunen, wie die Motivation von allein kommt – auch für die unbeliebten Schulfächer!
Fazit
Das Schulzeugnis-Gespräch kann eine Gelegenheit sein, gemeinsam an Zielen zu arbeiten und die individuellen Stärken jedes Kindes zu fördern. Lassen Sie das Beste aus dieser Erfahrung machen und das Gespräch mit einer entspannten Einstellung angehen. Wenn Sie diesen Leitfaden folgen, wird das Gespräch nicht nur produktiv, sondern auch positiv für Sie und Ihr Kind verlaufen.
Denken Sie daran, dass jede Familie ihre eigene Dynamik hat, und es gibt keine universelle A-Plus-Lösung. Gehen Sie also mit einer offenen Einstellung, Respekt und Liebe in das Gespräch hinein, und ihr werdet gemeinsam erfolgreich und stärker sein – Sie und Ihr Kind! Versuchen Sie, sich ein wenig in die Situation Ihres Kindes hineinzuversetzen: Dosieren Sie das Gespräch, wie es Ihnen am besten vorkommt. Sie kennen Ihr Kind am besten!
Und falls dies Ihnen heute nicht gelingen soll: Zögern Sie nicht und lassen Sie sich von Lernexperten unterstützen! Ein bis zwei Gespräche mit einem neutralen Lern- oder Familiencoach kann Wunder wirken. Ersparen Sie sich – und Ihrem Kind – eine angespannte Familiensituation über das nächste Semester – sogar über seine komplette restliche Schullaufbahn.
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