Die frühkindlichen Reflexe sind unwillkürliche Bewegungsmuster, die bereits im Mutterleib und in den ersten Lebensmonaten aktiv sind. Unwillkürlich, weil sie nicht bewusst gesteuert werden können: sie passieren einfach!
Sie spielen eine entscheidende Rolle in der motorischen, sensorischen, emotionalen und mentalen Entwicklung eines Kindes. Frühkindliche Reflexe sind also Schätze!
Doch was passiert, wenn diese Reflexe nicht vollständig integriert werden und als sogenannte Restreflexe bestehen bleiben? Hier erfahren Sie, wie frühkindliche Reflexe die Entwicklung fördern und welche Auswirkungen Restreflexe auf das schulische Lernen haben können.
1. Frühkindliche Reflexe fördern die Entwicklung
Von Geburt an sind Reflexe wie der Saug- und Suchreflex, der Greifreflex oder der Moro-Reflex aktiv. Sie unterstützen die Überlebensfähigkeit des Neugeborenen und bereiten das Gehirn auf komplexere Aufgaben vor – das Leben eben.
Konkreter erklärt: sie erlauben den Muskelaufbau, das Aufrecht-Stehen und Gehen, die Zusammenarbeit von Augen, Händen und Beinen, die Unterscheidung von rechts/links, oben/unten, vorne/hinten. Mit dem Zurechtfinden im Raum und mit seinem Körper fühlt sich das Kind sicher und kann auf weitere Erkundungstour gehen: So lernt er noch mehr seine Welt kennen!
Jeder dieser Reflexe ist also darauf ausgelegt, die frühkindliche Entwicklung zu fördern, indem er bestimmte neuronale Netzwerke im Gehirn aktiviert und so die motorischen Fähigkeiten, das Gleichgewicht und die sensorische Wahrnehmung schult.
Beispielsweise hilft der asymmetrische tonische Nackenreflex (ATNR) bei der Entdeckung von Rechts und Links und die Koordination zwischen Augen und Händen, was später für das Schreiben und Lesen wichtig wird.
Der Moro-Reflex, um ein zweiter Reflex zu erwähnen, der bei einer plötzlichen Veränderung der Lage oder Geräuschen ausgelöst wird, unterstützt die Reifung des Gleichgewichts, der Körperhaltung und unsere Stressbewältigung (ja: Es fängt sehr früh an!).
Sobald das Kind sich motorisch und neurologisch weiterentwickelt hat, werden diese Reflexe allmählich durch andere Reflexe bzw. willentliche Bewegungen ersetzt. Der Integrationsprozess dieser Reflexe ist also entscheidend für eine gesunde Entwicklung. So können wir z.B. bei einem Schreck mit einem Zucken und nicht mehr mit einer Ganzkörperanspannung reagieren – das spart wiederum unserem Körper viel Energie ein!
2. Auswirkungen von Restreflexen auf das schulische Lernen
Wenn frühkindliche Reflexe nicht vollständig integriert wurden, können sie als Restreflexe bestehen bleiben. Diese Restreflexe stören häufig die natürlichen Bewegungsabläufe und können zu erheblichen Schwierigkeiten im schulischen Alltag führen. Eltern von Kindern mit schulischen Problemen sollten folgende Aspekte im Blick haben:
2.1. Konzentrationsprobleme und Unruhe
Restreflexe wie der Moro-Reflex oder der Spinal-Galant-Reflex können das Nervensystem des Kindes in einem Zustand erhöhter Alarmbereitschaft halten. Dies führt oft zu Reizbarkeit, Unruhe und einer niedrigen Konzentrationsspanne. Kinder haben Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren und werden schnell abgelenkt. Sie bewegen sich sehr viel am Schreibtisch und werden oft als „Zappelphilipp“ von ihrer Lehrkraft abgestempelt.
2.2. Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben
Der persistierende ATNR kann die Augen-Hand-Koordination beeinträchtigen, was es den Kindern schwer macht, Linien beim Schreiben zu verfolgen oder beim Lesen nicht ständig die Zeile zu verlieren. Zudem können die Bewegungen unkontrolliert wirken, was die Schrift unleserlich macht. Beim Kopfdrehen können unkontrollierte Bewegungen von Arm und Beim passieren und z.B. die Flasche oder die Federschachtel vom Nachbar fallen lassen. Oft werden die Kinder als „ungeschickt“ abgestempelt.
2.3. Probleme mit der Körperhaltung
Ein nicht integrierter Tonischer Labyrinthreflex (TLR) kann die Haltung beeinträchtigen. Das Kind kann Schwierigkeiten haben, längere Zeit gerade zu sitzen, was besonders im Unterricht hinderlich ist. Beim Betrachten der Schultafel in die Ferne spannen sich Rücken und Arme an – beim Schreiben am Heft kommt der Rundrücken zum Vorschein. Dies ist nicht nur eine unruhige Sitzhaltung, sondern kostet auch viel Energie – für nichts! Ein Hinweis kann auch das Rollen der Füße rund um die Sesselbeine oder mit Beinen auf der Sitzfläche- so holen sich Kinder mehr Stabilität beim Sitzen.
2.4. Übermäßige Ängstlichkeit und Stressanfälligkeit
Kinder mit Restreflexen, insbesondere dem Moro-Reflex, reagieren oft überempfindlich auf äußere Reize wie Lärm oder plötzliche Veränderungen. Dies führt zu erhöhter Stressanfälligkeit, Energielosigkeit, Rückzug, Sich-Nichts-Trauen-Gefühl, was die Lernmotivation zusätzlich erschwert.
2.5. Mangelnde Bewegungskoordination
Restreflexe wie der Spinal-Galant-Reflex, Asymetrischer Tonischer Nackenreflex (ATNR), Symetrischer Tonischer Nackenreflex(STNR), der Tonischer Labyrinthreflex (TLR) können zu Koordinationsproblemen führen. Dies äußert sich in unbeholfenen Bewegungen, Schwierigkeiten beim Sport oder beim Erlernen neuer motorischer Fertigkeiten, Herausforderung beim Ballspielen. Selbst Alltagsaktivitäten wie das Binden der Schnürsenkel oder Fahrradfahren können zur Herausforderung werden.
2.6. Schlechte Schriftbild
Bleiben bestimmte Reflexe, wie der Greifreflex, länger aktiv, kann dies die Feinmotorik einschränken und zu einer unnatürlichen Stifthaltung führen. Verkrampfte Finger, Arme und Schulter, schlechte Schriftbild, allgemeine Ermüdung sind die Folge. Dadurch wird das Schriftbild ungleichmäßig und unschön.
3. Raus aus dem Reflex – Rein in die Leichtigkeit
Ja: Es gibt Wege daraus! Auch wenn das natürliche Zeitfenster zur Integration dieser Reflexe in der Entwicklung vorbei ist, können sie dennoch (bis ins Erwachsenenalter) nachgeholt werden. Durch spezielle Bewegungen und Spiele lassen sich diese Reflexe gezielt integrieren, was zu einer entspannten Körpersteuerung führt.
Das Ergebnis ist nicht nur ein leichteres, flüssigeres Schreiben und Lesen, sondern auch eine Verbesserung in Bereichen wie Rechnen und Koordination – ein Weg zu mehr Leichtigkeit im Schulalltag und eine Verbesserung des Selbstbildes!
Fazit
Frühkindliche Reflexe sind essenziell für eine gesunde Entwicklung, sollten jedoch bis zum Schulalter integriert sein. Wenn Restreflexe bestehen bleiben, können sie das schulische Lernen erheblich beeinträchtigen.
Beobachten Sie die motorischen und sensorischen Fähigkeiten Ihres Kindes selber genau – und verlassen Sie sich nicht nur die kinderärztliche Untersuchung. Denn diese reicht nicht aus! Ziehen Sie bei Verdacht auf Restreflexe einen Reflexintegrationstrainer hinzu. Eine frühzeitige Unterstützung kann Ihrem Kind helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen und seinen Schulalltag mit mehr Leichtigkeit zu erleben. Melden Sie sich bei mir zu einem kostenlosen Beratungsgespräch.